Schwer zu erkennen und schwer zu behandeln“: das Hautlymphom
Symposium „Künstliche Intelligenz für eine menschliche Krebsmedizin“
Oft ist der Leidensweg der Betroffenen lang, weil die seltene Hautkrebserkrankung wie bei Rudolf Wichette erst spät erkannt wird. Dank einer Kombination innovativer Therapien geht es dem 66-Jährigen heute endlich wieder gut. | lie
Es fing mit leichten, roten Flecken im Gesicht an. „Ich habe zunächst an Neurodermitis gedacht und bin zur Hautärztin gegangen“, erinnert sich Rudolf Wichette an die Zeit vor mittlerweile gut vier Jahren, als die ersten Hautveränderungen im Gesicht auftraten. Auch die Hautärztin ging anfangs von einer chronisch entzündlichen Hauterkrankung aus. Doch als die Flecken im Gesicht des Versmolders immer größer wurden, sich entzündeten und stark schmerzten, überwies sie ihn zur Hautklinik in Bad Bentheim. Dort wurde eine Probe entnommen, die schließlich zur Diagnose führte: ein sogenanntes kutanes T-Zell-Lymphom – eine seltene Form von Hautkrebs. Nach ersten Therapien mit UV-Licht und Tabletten, die nur zeitweise Linderung brachten, kam der heute 66-Jährige zur weiteren Behandlung in das zum WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Münster gehörende Hauttumorzentrum am UKM (Universitätsklinikum Münster). Dank einer Ganzhautbestrahlung und einer innovativen Antikörpertherapie fühlt sich Wichette heute wieder wohl in seiner Haut.
„Die meisten Menschen denken bei Hautkrebs an das Melanom. Das kutane Lymphom – also das Hautlymphom – ist viel seltener und daher nicht so bekannt“, sagt Prof. Carsten Weishaupt, Leiter des Hauttumorzentrums. Es kommt dabei zu einer Ansammlung veränderter weißer Blutkörperchen, den Lymphozyten, in der Haut. „Diese sind eigentlich ein wichtiger Teil der körpereigenen Immunabwehr, denn sie bekämpfen eingedrungene Erreger wie zum Beispiel Bakterien und Viren. Anders als gesunde Zellen teilen und vermehren sich die entarteten Lymphozyten aber ungebremst und verursachen Lymphome. Diese Krebszellen führen zu Entzündungen der Haut, die dann ihre Schutzfunktion verliert“, so der Dermatoonkologe weiter. Weil das Hautlymphom so selten ist und die Symptome wie anhaltender, teils juckender Hautausschlag auch auf andere Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte hinweisen können, werde es häufig erst spät erkannt. „Das Hautlymphom ist schwer zu erkennen und schwer zu behandeln. Daher ist es wichtig, ein Bewusstsein für diese seltene
Krebserkrankung zu schaffen, damit sie früher diagnostiziert wird und die Betroffenen die für sie optimale Behandlung erhalten können“, betont Weishaupt. Dazu trage zum Beispiel auch die im vergangenen Jahr neu gegründete nationale Selbsthilfegruppe „Kutane Lymphome“ bei (www.hautlymphome-selbsthilfe.de).
Bei Rudolf Wichette führte eine niedrig dosierte Ganzhautbestrahlung in der Klinik für Strahlentherapie – Radioonkologie des UKM zu ersten Therapieerfolgen. „Die entzündeten Hautareale hatten sich vom Gesicht auch auf andere Körperstellen ausgebreitet“, erzählt Oberarzt Priv.-Doz. Dr. Khaled Elsayad. Bei der von Klinikdirektor Prof. Hans Eich nach Münster gebrachten Spezialtechnik kann die gesamte Hautoberfläche mittels Elektronenstrahlen behandelt werden. „Da die Elektronen nur in die Haut eindringen, werden das tiefere Gewebe und die Organe vor einer Strahlenbelastung geschont“, erklärt Prof. Eich. Die Wirkung war bei Wichette deutlich sicht- und spürbar. Die roten Knoten und zum Teil schon offenen Hautstellen verschwanden. Damit der Therapieeffekt auch nach Abschluss der Bestrahlung anhält, bekommt Wichette seit November vergangenen Jahres eine innovative Antikörpertherapie mit dem Wirkstoff Brentuximab Vedotin. Er kann bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden, bei denen ein bestimmtes Protein – das CD30 – auf den Tumorzellen nachgewiesen wurde. „Der Wirkstoff kann mit seinem Antikörper direkt an Tumorzellen mit diesem Protein ankoppeln und dort zielgenau mit seinem Zellgift angreifen“, erläutert Prof. Weishaupt. „Dank Wissenschaft und Forschung tut sich viel bei der Behandlung des Hautlymphoms.“
Rudolf Wichette ist erleichtert, dass die Therapie so gut anschlägt: „Die Knoten und offenen Stellen im Gesicht sind endlich verschwunden. Und vor allem habe ich keine Schmerzen mehr!“ Nach dieser für ihn und seine Familie schwierigen Zeit kann der Rentner nun endlich wieder nach vorne blicken und freut sich schon darauf, wieder Modellflugzeuge zu bauen und auf seinem Lieblingsplatz in Versmold fliegen zu lassen.
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